Freitag, 31. Januar 2014

150 Tage Frankreich - Ankommen, Leben

Jetzt ist schon über die Hälfte um und so ganz kann ich es noch nicht fassen. In dieser ersten Zeit habe ich schon so viel erlebt und ich kann wirklich nur hoffen das diese zweite Hälfte genauso spannend wird! Nach Weihnachten und Silvester hat bei mir die Schule nun wieder angefangen und ich war letzte Woche auf Skifahrt mit einem Teil meiner Klasse. 

Ankommen
Worüber ich mir jetzt langsam klar geworden bin ist, die ersten fünf Monate habe ich hier gebraucht um anzukommen. Klar ich habe mich schon nach ca. zwei Monaten ganz wohl gefühlt und nach drei hab ich gesagt 'das könnte wirklich mein zweites Zuhause werden', aber erst nach fünft Monaten habe ich einfach gar nicht mehr an sowas gedacht...Es war einfach klar. In dieser Anfangszeit war ich auch unglaublich mit mir selbst beschäftigt, ich musste mich überwinden, mich etwas anpassen, weiter aus mir herausgehen und ganz viel anderes Zeug. Alles hat darauf hinausgezielt, dass ich mich hier letztlich wohl fühle, diese anfänglichen Sorgen aus dem Weg geräumt sind und ich wirklich frei denken kann. Ich habe mich auch etwas treiben lassen von den Geschehnissen, von den Menschen und meinen Gedanken. Meine größten Veränderungen (in diesem Auslandsjahr) liegen jetzt wahrscheinlich hinter mir, aber das heißt natürlich nicht, dass es ganz aufhört. 

Leben
Ich mache mir keine Gedanken mehr wie ich mit den Menschen klar komme, es klappt einfach von alleine und ich habe wirklich Leute gefunden die ich sehr lieb gewonnen habe und die ich sicherlich sehr vermissen werde. Es wird hier an mich gedacht und auf mich geachtet, ich kann (so gut) wie auf jeden in der Schule zugehen und ihn begrüßen etc. (Danke, Skifahrt). Ohne dass dies jetzt böse klingen soll, aber ich denke fast gar nicht mehr an Zuhause, zumindest bin ich nicht mehr wehmütig und mache mir auch keine Gedanken mehr wann ich denn zurück kann. Ich verspühre mehr ein trauriges Gefühl, wenn ich daran denke 'bald' nach Hause zu müssen. Jetzt wo diese ganze Last, dieser selbstgebaute Druck, die ich am Anfang einfach verspürt habe von mir sind, kann ich mich hier wirklich 'ausfalten'. Schule läuft ganz gut, die Menschen sowieso, nach der Schule habe ich immer was zu tun und meine Gastfamilie und ich verstehen uns blenden. Seit dem 1. Januar hat mich auch die Lust am Französisch lernen noch ein weiteres Mal gepackt. Ich habe so Freude daran aus meiner neuen Freiheit (welche ein hartes Stück Arbeit war) und den verbleibenden Monaten etwas zu machen. Mir geht's richtig schlecht, wenn ich Mal zu Hause auf dem Bett liege und nichts mache ich finde das irgendwie gar nicht mehr entspannend, ich WILL was machen, rausgehen, französisch reden usw. Ich habe auch das Gefühl, dass ich unterbewusst schon etwas Panik schiebe, da ich öfters Mal daran denke, dass es vielleicht nicht so klappt mit dem Französisch wie ich es mir gewünscht habe oder ich einfach diese Erfahrung nicht ganz genutzt habe. Das ist natürlich totaler Unsinn, denn wie ich schon oft feststellen konnte, auch Mal nichts tun und sich ruhig Gedanken über etwas machen, ist auch 'etwas machen' und die Zeit nutzen. Es ist wirklich ein unglaubliches Gefühl nicht mehr an so viele Dinge denken zu müssen, sondern einfach zu leben, zu genießen.

Ein paar Informationen am Rande
Was ich hier auf meinem Blog etwas verschwiegen habe, was mich aber schon seit ziemlich langer Zeit beschäftigt ist, dass ich mich bei einer Organisation beworben habe, die mich hoffentlich in einer ihrer internationalen Schulen aufnehmen wird. Die Rede ist von den 'United World Colleges', vielleicht haben schon Mal ein paar von euch davon gehört? Es handelt sich hierbei um einen Zusammenschluss aus 14 verschiedenen Schulen, die auf der ganzen Welt verteilt sind und neben dem IB (International Baccalaureate), einer internationalen Atmosphäre und einem sozialen Leitgedanken so vieles zu bieten haben, was mich wirklich fasziniert und nach dem ich schon so lange strebe. Ich habe es hier nicht erwähnt, obwohl es durch die Bewerbung etc. viel meiner Zeit und Gedanken eingenommen hat, weil es nicht sicher war ob ich zum Auswahlgespräch eingeladen werde (bei so etwas kann man sich ja nie sicher sein) und es auch noch keinen Einfluss auf mein Auslandsjahr hatte. Jetzt jedoch, seitdem hier die Einladung zum Gespräch liegt ändert das eine ganze Menge. Ich muss sozusagen eine kleine 'Pause' in mein Jahr hier einlegen und für ein Wochenende nach Deutschland, momentan mache und lese ich daher auch wieder relativ viel auf Deutsch etc. Ich werde euch nun auch gerne hierzu auf dem Laufenden halten. Das beste Kommentar zu der ganzen Sache kam von einer französischen Mitschülerin 'Was?! Wieso willst du gar nicht mehr nach Hause? Magst du deine Eltern nicht?'. Natürlich nicht, ich liebe sie sogar, aber Chancen muss man nutzen und das Fernweh hat mich voll und ganz erfasst!

Mittwoch, 8. Januar 2014

Foto-Post Teil III (Noël)

Gut Weihnachten ist jetzt schon 'etwas' her, aber ein kleiner Einblick:

Sobald irgendwo Kerzen sind fühl ich mich automatisch wohl. Gut das zur Weihnachtszeit fast überall Kerzen brennen. 

Ich hab das seltsamste Bild von allen genommen, ich finde das beschreibt uns ziemlich gut. Dieses ist am letzten Schultag vor den Ferien entstanden. Genau ein Mädchen auf diesem Bild hat französische Vorfahren, ich bin so froh das auch meine kleine Dorf-Schule so international sein kann. Ich liebe diese Vielfalt und zum ersten Mal in meinem Leben ist nicht englisch sondern französisch 'unsere gemeinsame Sprache'.

Das war unser weißer Plastik-Weihnachtsbaum. Nicht ganz so mein Geschmack, aber zumindest konnten die Katzen so nicht all zu viel Chaos damit anstellen. 

Ich mag das Bild, dabei stehe ich weder auf Coca-Cola noch auf so nichtssagendes Zeug.

Und der Unsinn geht weiter, hier habe ich in Kleinstarbeit Formen ins Brot gestanzt.Ich finde das sieht sehr ansehnlich aus (und keine Angst die Überreste haben wir auch gegessen).

Zu Weihnachten wird hier sehr Unterschiedliches gegessen, das hängt meistens von der Region ab. Da meine Gastmutter aus Saint-Nazaire an der nord-westlichen Küste Frankreich kommt und man in Küstennähe Austern ist, gab es das auch bei uns (ich hab ein Auberginen-Quiche bekommen).

Ein Karussell in Albi. Ich finde die Lichter sind an Weihnachten eines der schönsten Dinge. Ich weiß nicht ob es dadurch kommt das ich gerne fotografiere, aber ich finde nicht nur das Licht bei Bildern eine riesengroße Rolle spielt sondern auch für mich, meine Stimmung und mein Wohlbefinden. Neben dem Himmerl (siehe Foto-Post Teil I) bin ich gleichermaßen auch von ihnen fasziniert.

Hallo 2014!

''Es ist Neujahr, 1Uhr und ich liege bereits im Bett, ich bin zufrieden. Ein Gefühle, welches ich zurzeit sehr oft verspüre. Seit Weihnachten bin ich mir nämlich einer Sache bewusst, die sich langsam aber sicher entwickelt: Ich fühle mich wie ein echtes Mitglied dieser Familie hier. Nachdem mir viele ehemalige Austauschschüler immer erzählt haben 'Jaja, man findet seine 2. Familie, sein 2. Zuhause etc.' und ich das nie so recht glauben wollte, kann ich es hier doch zum ersten Mal so richtig spüren.'' - So haben sich meine Gedanken angehört am Ersten diesen Jahres, im Anschluss bin ich müde ins Bett gekippt anstatt weiterzuschreiben. Ich hoffe, dass ich es schaffe mich diesmal etwas kürzer zu fassen und nur die Geschehnisse wiederzugeben, Gedanken, Entwicklungen und der Gleichen kommen dann in meinem 150-Tage-Post.

Weihnachten
Normalerweise wird in Frankreich Weihnachten am 25.12. gefeiert, aber irgendwie haben wir (und wie ich gehört habe auch andere Austauschschüler) sowohl am 24. als auch am 25. gefeiert. Zuerst mit der 'kleinen Familie', also Gastmutter, Gastvater, Gastbruder und Roxana und am nächsten Tag dann noch mit meinem älteren Gastbruder plus Freundin und Kind. Wie die meisten vielleicht bereits wissen legen die Franzosen viel Wert auf ihre Küche und Essen ist hier wirklich unheimlich wichtig (zumindest für die meisten, meine Gastmutter kocht immer frisch und anders als bei anderen Gastschülern habe ich noch nie Fertignahrung vorgesetzt bekommen). Vor allem an so besonderen Ereignissen wird dann gerne etwas übertrieben. Also standen meine Gastmutter und ich an diesen beiden Tagen fast ohne Pause in der Küche (mein Gastbruder und Gastvater waren noch Geschenke kaufen, am 24...). So viel habe ich in meinem Leben noch nicht gegessen, aber es war köstlich! Ich bin keine besonders begabte Köchin (leider), jedoch lerne ich immer gerne dazu und für mich persönlich war es einfach wunderbar so viel Zeit mit meiner Gastmutter zu haben und einfach zu reden. Am 24. um Mitternacht wurden dann Geschenke getauscht, zu meiner Erleichterung und Freude haben sich alle über ihre Geschenke gefreut (besonders mein Gastbruder hat sein Hard-Rock-Café-Berlin-T-Shirt erstmal 3 Tage nicht mehr ausgezogen). Ich habe auch ein paar kleine Geschenkchen bekommen, die Geste und das sich meine Gastmutter so Gedanken um mich gemacht hat war einfach unglaublich schön. Weihnachten war hier nicht wirklich Weihnachten wie man es gewohnt ist, es war mehr ein netter Abend (oder zwei), aber anders als mich darüber zu ärgern oder traurig zu sein, habe ich einfach dieses andere Fest genossen. Ich habe auch meine Familie nicht wirklich vermisst, natürlich habe ich an sie gedacht (dazu ist Weihnachten da), aber ich wusste, dass sie jetzt auch glücklich sind wo sie sind (sei es meine Schwester bei ihrer Gastfamilie in England oder meine Eltern auf ihrem Kurz-Trip nach Krakau).

Silvester
Eigentlich hatte ich ja vor mit ein paar Mädchen aus der Oberstufe zu feiern, jedoch hat es sich so ergeben, dass sie nach und nach von ihren Familien dazu berufen wurden zuhause zu feiern und der Rest wusste dann auch nicht mehr so genau. Ich war etwas irritiert, aber da kann man ja nichts machen. Nach unendlichem hin und her mit zwei anderen Gruppen von Franzosen und Deutschen, bin ich schließlich am 27.12. (wieder) krank geworden und habe mich dazu entschlossen weder 20€ für schlechte Musik und viele unbekannte Betrunkene auszugeben, noch irgendwas anderes in die Richtung zu machen (ohnehin nicht so mein Ding). Für viele hier ist Silvester wirklich ein ganz normaler Abend, einige gehen schon vor dem Countdown ins Bett und Feuerwerk und Anstoßen gibt es eher selten bis gar nicht. In Berlin als Haupt- und Großstadt sieht das natürlich ganz anders aus, aber mir hat das nichts ausgemacht. So ist das hier halt und so ein entspannter Abend hat auch was. Daher hab ich mich mit meiner Gastmutter zum Spaß hübsch gemacht um dann Käsekuchen zu essen und vorm Fernseher zu sitzen. Um 12Uhr wurde dann doch Angestoßen und kurz noch mit meinen Eltern zuhause geskypte (das fand mein Gastvater klasse 'die Technik heutzutage, unglaublich'). Danach lag ich wie gesagt ganz schnell im Bett und bin mit einem Lächeln auf den Lippen und wunderbaren, neuen Gedanken/Plänen/Träumen eingeschlafen.

Sie kann's nicht lassen
Doch noch ein paar Gedanken dazu...Diese Feiertage hatten nichts mit all dem zu tun was ich von Zuhause gewohnt bin, das habe ich mir ja auch im vorhinein gedacht, dennoch habe ich mich gefragt: 'Wie geht Weihnachten ohne Weihnachtsstimmung/den Sinn dieses Festes/meine Familie?'; 'Wie kann man denn das neue Jahr ohne ein Feuerwerk begrüßen?'. Dabei schwang meist ein etwas wehmütiges Gefühl mit, doch an sich wusste ich, das sind schon etwas unsinnige Fragen. Ich denke für eine sechszehnjährige, die aber nur eben das gewöhnt ist, ist das normal (viele der hier ansässigen Austauschschüler haben sich die selben gestellt). Im Nachhinein und auch währenddessen habe ich verstanden wie das klappt, ganz einfach: Die Menschen machen's! Wenn man mit Leuten zusammen ist die sich um einen sorgen, die man gern hat und die einen verstehen, dann ist es egal welches Fest, welche Tradition, welches Land. Es geht mehr darum das man Beisammen ist, sich freut, Spaß hat. Natürlich wäre es interessant gewesen ein ganz anderes Silvester/Weihnachtsfest zu erleben, mit völlig anderen Traditionen und Ritualen, dafür müsste ich wahrscheinlich weiter reisen als ins Nachbarland. Bei diesen spielen dann wahrscheinlich auch andere Sachen eine größere Rolle, aber ich habe ja noch genug Zeit um auch so etwas zu erleben. Um es zusammenzufassen: Mein französischen Festtage waren in sofern anders, dass sie einfach überhaupt keine Tradition hatten. Das war auf Grund der Tatsache, dass meine Gastfamilie ziemlich gegen Kirche und Religion ist, auch wenn für mich Weihnachten nicht unbedingt Kirche ist. Jeder hat da wahrscheinlich seine eigenen Vorstellungen von und das macht doch gerade so eine Erfahrung besonders und spannend.