Mittwoch, 18. Dezember 2013

100 Tage Frankreich - Schon Weihnachten?!

Einfach dadurch, dass ich überhaupt gar nicht gemerkt habe wie die Zeit vergangen ist und das Tage zählen schon vor einiger Zeit aufgegeben habe, kommt dieser Eintrag sichtlich zu spät. Ich habe dennoch mal nachgesehen und heute ist mein 109. Tag! Weihnachten steht vor der Tür und es fühlt sich überhaupt nicht danach an. Ich war nie ein Weihnachtsmensch, der im November schon ausflippt und 3 Wochen vorher alle Geschenke eingekauft hat (wobei das schon sinnvoll wäre), hier jedoch vermisse ich dieses Weihnachts-Gefühl fast. Einerseits fühlt es sich viel zu warm an für Dezember (aber ich beschwere mich ja nicht), andererseits ist hier alles vollgehängt mit Weihnachtsschmuck, aber so richtig kauf ich das den Franzosen noch nicht ab. Adventskalender, Weihnachtsmärkte, Plätzchen backen, das gibt es hier in meiner Region erst gar nicht. Ich hätte zwar nie gedacht, dass ich das Mal sage, aber ich vermisse sogar diesen albernen Weihnachtskitsch, schrecklich-schöne Lieder und Schnee! Trotz allem bin ich gespannt auf den 25. Dezember. Auch wenn hier vielleicht der eigentliche Sinn von Weihnachten (damit meine ich nicht unbedingt den religiösen, sondern eher das Würdigen, Danken, Beisammenseins etc.) nicht so eine Rolle spielt wie beispielsweise das Essen und die Geschenke, bin ich gespannt auf dieses Erlebnis. Zu Silvester wurde ich auch schon zu 4 Feiern eingeladen und darf mich jetzt der Qual der Wahl stellen. Ich war ganz schockiert (hmm, vielleicht doch nicht schockiert), als ich gehört habe das hier überhaupt nicht sowas wie ein kleines Feuerwerk gibt und das es eigentlich nur ein normaler Abend ist. ( à la: Huch, schon 2014?)Natürlich hab ich es nicht geschafft gesund zu bleiben und bin seit dem letzten Eintrag noch zwei weitere Male krank geworden, aber ich gewöhne mich langsam fast dran.(Das war’s dann aber auch mit meinem kleinen Einblick in mein langweiliges Alltagsleben) 

Hallo Roxana! Bonjour Roxane?
Jetzt wieder ein wenig zu meinen gedanklichen Eindrücken, Erfahrungen, Schwierigkeiten. (Ungefähr) 16 Wochen, 4 Monate, 100 Tage, das hört sich schon so unglaublich lang an, doch so anfühlen tut es sich nicht. Ich bin nun wirklich ein Teil meiner Klassengemeinschaft, verstehe mich mit allen und werde jetzt als (etwas sprachlich-gehandicapter) Teil der Franzosen angesehen. Ich habe überhaupt nicht mehr das Gefühl auf der ‚anderen Seite‘ zu sein, ein Gast - ich bin Mitschülerin, Freundin…Französin? Nein, also so weit will ich es dann gar nicht kommen lassen. Denn eine Sache die ich in dieser Zeit Mal auf schmerzliche, Mal auf schöne Weise nochmal erfahren und bemerken durfte ist, ich bin froh über meine Herkunft, meine Vergangenheit, meine Wurzeln und mein altes (aber auch neues) Leben! Man lernt wirklich die kleinsten Dinge wert zu schätzen, sei es nun hier oder in einer Erinnerung an früher. Noch liegt über die Hälfte meiner Zeit in Frankreich vor mir und die will ich noch richtig nutzen, alles absorbieren was mir gegeben und geben was mir gelehrt wurde. Das werde ich wahrscheinlich noch oft schreiben und ich kann es nur jedem raten, probiert es wirklich einfach, auch ein Hindernis ist durch dieses Denken eine Hilfe, eine Hilfe um sich zu entwickeln, zu wachsen. 

Durcheinander und alte Freunde
Meine ‚Stimmungsschwankungen‘,ein ziemlich bitterer Nebeneffekt dieser ganzen Sache, gehen zurück (das hab ich einfach Mal selber diagnostiziert). Ich habe meine Gefühle einfach manchmal nicht so unter Kontrolle, wie ich es sonst von mir gewöhnt bin (zumindest bin ich bei so ‚Ausbrüchen‘ darauf bedacht, nicht unbedingt andere Leute daran teilhaben zu lassen). Ich bin eine Ausnahmesituation! Auch das musste ich akzeptieren. Dinge wie eine wirklich gute Freundin zum ablenken, die Gespräche mit meiner Mutter zum aufpäppeln, insgesamt diesen Austausch mit Gleichgesinnten, den finde ich hier nur sehr schwer und das ist wirklich DAS was mir fehlt. Es ist zumindest etwas erleichternd, das nach langem Gesuche benennen zu können. Mein Kontakt zu Deutschland ist dennoch ziemlich reguliert. Ich vermeide es allzu oft zu skypen und auch nur mit den wenigsten Leuten, denn das löst bei mir manchmal ein ganz schönes Durcheinander aus. Ich sehe wir meine Freunde ‚ihr/mein/unser‘ Leben weiterleben und ich bin einfach kein aktiver Teil mehr, das macht mich ganz schön fertig (egal wie schön, dass Skypegespräch war). Nach dieser Zeit wird einfach beiden Seiten klar ‚wir sind schon verdammt lang voneinander getrennt!‘, über neue, gemeinsame Erlebnisse kann man sich nicht mehr unterhalten, denn sie existieren nicht. Ich weiß, dass dadurch meine Freundschaften zu diesen Menschen nicht weniger bedeutsam sind, es ist einfach nur anders und ziemlich komisch. Über diesen Umstand müssen beide Seiten hinwegsehen können, dann kann für mich mein Leben hier und später das Zusammensein mit ‚meinen‘ Menschen funktionieren. Die ‚andere Seite‘ an sich sieht die Sache nicht halb so dramatisch wie man selbst, glaubt mir. Sie sind ja noch in ihrem bekannten Muster drin. Ihr dürft euch ruhig eingestehen das ihr mehr vermisst als eure Freunde es tun (zumindest, wenn ihr starke, eigensinnige Freunde habt, meine sind‘s) und das sie euch nicht immer verstehen werden, auch wenn das früher vielleicht so war. Es geht vor allem um das hier und jetzt (genau das gilt auch bei euren Freunden), macht euch nicht zu viele Gedanken um das ‚aber wenn ich wieder da bin‘. Bis dahin ist ohnehin noch Zeit und die kann man besser nutzen. Sind es eure wirklichen Freunde, so werden sie euch auch nach diesen läppischen 10 Monaten noch genauso behandeln, es wird genauso ‚klicken‘ und man darf sich einfach darüber freuen, dass man diese Sache durchgestanden hat und beide Seiten ihre eigenen, interessanten Entwicklungen durchgemacht haben. Jetzt richtet euch erstmal nach den naheliegenden Ereignissen, ich meine: Weihnachten, Silvester und all die tollen Dinge wegen denen ihr da seid wo ihr gerade seid.